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Fuggerei-Stuben

Auftraggeber des Projekts sind die Fuggerschen Stiftungen. Zu deren Aufgabe zählen unter anderem Erhalt und Betrieb der Fuggerei in Augsburg, die 1521 von Jakob Fugger dem Reichen gestiftet und von den folgenden Fuggergenerationen erweitert und modernisiert wurde. In den 140 Wohnungen dieser ältesten Sozialsiedlung der Welt wohnen auch heute bedürftige Menschen für eine Jahreskaltmiete von 0,88€, was umgerechnet 1 Rheinischen Gulden entspricht. Zur Fuggerei zählt ein Restaurant, für das ein neues Konzept und ein neuer Betreiber gesucht wurde. Der renommierte Augsburger Gastronom und Koch Toni Ludwig hat die Ausschreibung der Stiftungen mit einem spannenden neuen Ansatz gewonnen.

Die Aufgabe
In der Fuggerei, einem denkmalgeschütztem Gebäude, soll ein Restaurant mit Biergarten entstehen. Über Jahrzehnte waren die Fuggerei-Stuben eine beliebte Anlaufstelle für Touristen und Einheimische, die sich hochwertige, heimische Küche schmecken lassen wollten. Diese Tradition fortzuführen und zugleich das neue Küchen-Konzept des Betreibers in die Gestaltung mit einfließen zu lassen, war Teil der Aufgabe. In drei aneinander grenzenden Raumbereichen mit historischen Kreuzgratgewölbe sollte rund 100 Sitzplätze wie auch ein großer Thekenbereich untergebracht werden, zusätzlich waren 150 Sitzplätze im Biergarten gefordert. Aus der Küche kommen statt üppigen Tellergerichten lokale Spezialitäten in kleinen Portionen, die sich an eine Schautheke auswählen und flexibel zusammenstellen lassen. Die Idee von Tapas auf bayrisch-schwäbische Art musste möglichst stimmig zum historischen Geist des Ortes inszeniert werden.

Die Idee
Klösterliche Askese – feinstes Handwerk – edle Details. Wir nahmen Abstand von einem modischen zeitgenössischen Ansatz. Reduktion auf das wesentliche – handwerkliche Perfektion mit edelsten und vor allem mit „echten“ Materialien. Verzicht auf Chrom, Edelstahl und die Farbe Weiß.  Bei den massiven, aber wohl proportionierten Tischen und Stühlen trifft französischer Nussbaum auf kerngeräucherte Eiche,  Solnhofer Platten am Boden und an der Theke, belgisches Leinen als Bezugsstoff und dezenter Einsatz von Messing-Elementen und handgeschmiedete Treppenläufen schaffen eine warme, entspannte Atmosphäre. Der ruhige, achtsame Ansatz zieht sich durch bis zum handschmeichelnden Geschirr und Besteck. Weniger ist in diesem Fall mehr, gerade um nicht von dem großen Angebot auf der Speisekarte abzulenken. Die zurücknehmende Gestaltung wird vom Konterfei Jakob des Reichen wohlwollend überblickt. Sein Porträt wurde vom Künstler Thomas Koch nach der Vorlage Albrecht Dürers als Wandinstallation in Mischtechnik aufgebracht – es ist das einzige dekorative Element und wirkt entsprechend eindrucksvoll.

Die gestalterische Herausforderung: Akustik und Licht im Gewölbe

Größte Herausforderung bei einem Betrieb mit hoher Besucherfrequenz und auch großen Gästegruppen war die Sicherung einer angenehmen Akustik in den historischen Gewölberäumen. Von Anfang an ließen wir uns hier durch externe Berater begleiten. Das Ergebnis spricht für sich. „ Die Tafeldecker in der Fuggerei“ ist wohl eines der wenigen Restaurants mit vergleichbarem Gewölbe, in dem die Ruhe einkehrt und die Hektik des Alltags tatsächlich draußen bleibt. Die schwarzen Kronleuchter, eine Spezialanfertigung in Kooperation zweier Leuchten-Hersteller, unterstützen den geschichtlichen Charakter trotz ihrer „Modernität“ – warmes LED mit einer Linsentechnik und Blendschutz-Technik, die keine Wünsche offen lässt.

Der Erfolg
Unsere Auftraggeber und die vielen ,vielen Gäste der ersten Tage sind begeistert, so dass im weiteren Verlauf auf gute Resonanz zu schließen ist.  Insbesondere wurden die Räume auch von den Fuggerei-Bewohnern und den Nachbarn hoch gelobt, die hier eine neue Attraktion und einen wichtigen Impuls für Augsburgs historische Jakobervorstadt sehen.


Projekt / Text: Dreimeta, Augsburg
Photos: S. Herud, Berlin